„Ich kenne den RBS seit meiner Jugend“ – Interview mit Adrian Wildbolz, Gesamtprojektleiter Zukunft Bahnhof Bern RBS
Adrian Wildbolz leitet seit Oktober 2017 das Gesamtprojekt für den neuen RBS-Bahnhof Bern. Im Interview erklärt er, welche Herausforderungen das Projekt mit sich bringt und welche Unterscheide ein Tunnelbau in der Stadt im Vergleich zum Gotthard-Basistunnel, seiner vorherigen Wirkungsstätte, aufweist.
Sie waren Tunnelbauer in den zentralen Schweizer Alpen. Nun bauen Sie einen neuen Bahnhof unterhalb des zweitgrössten Bahnknotens des Landes und einen Tunnel unterhalb von städtischem Wohngebiet. Wo liegen aus Ihrer Sicht die grössten Unterschiede?
Beides sind äusserst faszinierende, komplexe und langfristige Projekte. Beim Gotthard-Basistunnel waren wir tief im Berg unterwegs. Lange Distanzen, Wassereinbrüche und die grosse Hitze machten uns zu schaffen. Teilweise lasteten mehr als zweitausend Meter Fels auf dem Tunnel. Mehrheitlich waren die Gneis- und Granitformationen aber bautechnisch günstig. Beim Ausbau Bahnhof Bern RBS wird die Felsüberdeckung nur zwischen null und maximal zwanzig Meter betragen. Dafür wird der Fels aber weniger standfest sein. Teilweise erwarten wir auch Lockergestein, so dass wir verschiedenste Bauverfahren anwenden müssen. Zudem ist unser Bau eng verwoben mit dem Projekt der SBB, dem Bau der neuen «Unterführung Mitte», es braucht sehr viel Koordination auf diversen Ebenen. Auch die Stadt Bern ist stark im Gesamtvorhaben Zukunft Bahnhof Bern eingebunden, die Zusammenarbeit mit beiden Partnern läuft gut.

Welches Bild hatten Sie vom RBS, bevor Sie das Projekt übernommen haben?
Da ich in Bern aufgewachsen bin, kenne ich den RBS seit meiner Jugend. Ich erinnere mich an die damals brandneuen Mandarinlis, mit denen ich von Bern ins ebenfalls neue Shoppyland fuhr. Während meiner Schulzeit habe ich in den Ferien vielfach gearbeitet, um mein Sackgeld aufzubessern. 1982 arbeitete ich während der Frühlingsferien drei Wochen auf der RBS-Baustelle für die Doppelspur nördlich des Bahnhofs Zollikofen. In anderen Ferien habe ich bei Fahrleitungsersatzarbeiten in Lohn-Lüterkofen und beim Neubau der Station Papiermühle mitgeholfen. Während eines Praktikums nach der Matur führte ich zudem Zeichnerarbeiten für den Neubau der Station Moosseedorf aus. Ich hatte damit schon sehr früh Kontakt zu RBS-Baustellen!

Was reizt Sie an Ihrer heutigen Aufgabe am meisten?
Der Bau einer neuen Bahnanlage mitten in der Stadt, in und unter dem zweitgrössten Bahnhof der Schweiz mit täglich mehr als 250‘000 Reisenden bringt Schnittstellen zu verschiedensten Partnern mit jeweils eigenen Interessen. Der Kontakt zu all den unterschiedlichen Menschen und die Suche nach gemeinsamen Lösungen machen die Aufgabe als Gesamtprojektleiter so spannend!
Beim Bau des deutschen Bahntunnels Rastatt ereignete sich ein folgenschwerer Zwischenfall. Wie stellen Sie sicher, dass sich dieser beim unterirdischen Bau in Bern nicht wiederholt?
Um eine grösstmögliche Sicherheit zu gewährleisten, werden die von der Planergemeinschaft erstellten Pläne für die Baugruben und die Tunnelvortriebe auch noch von unabhängigen Experten geprüft, bevor sie ausgeführt werden. Damit stellen wir das Vier-Augen-Prinzip sicher.

«Wir nehmen Rücksicht. Auf Mensch und Umwelt.» So lautet einer der Kernsätze unseres Leitbildes. Wie lässt sich dieser mit Baugruben mitten in der Stadt oder beim Hirschenpark vereinbaren?
Für mich ist das kein Widerspruch, auch wenn der Bau – trotz aller Sorgfalt und all den getroffenen Schutzmassnahmen – gewisse Emissionen verursachen wird. Demgegenüber steht der grosse Nutzen, den wir nach der Eröffnung in den folgenden fünfzig bis hundert Jahren daraus ziehen können!
Weitere Informationen über den Installationsplatz Hirschenpark auch im Artikel der Berner Zeitung: