«Eine Weiterführung der Unterführung Bubenberg bis in den Hirschengraben ist vernünftig.»
Am 7. März 2021 stimmt die Stadtberner Bevölkerung über den Kredit für die Verkehrsmassnahmen und die Unterführung Hirschengraben im Rahmen von «Zukunft Bahnhof Bern» ab. Peter Scheidegger, ehemaliger RBS-Direktor, setzt sich als Stadtberner für das Anliegen ein.
Mit der Verschiebung des RBS-Bahnhofs Bern und den neuen Bahnhofzugängen werden nach der Erweiterung des Bahnhofs Bern weit mehr Menschen den Bubenbergplatz queren als heute. Damit verändern sich die Anforderungen an den Verkehrsraum grundlegend. Um die Sicherheit der Passantinnen und Passanten gewährleisten zu können, plant die Stadt Bern ein umfassendes Massnahmenpaket: mehr Platz für den Langsamverkehr, Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr und eine direkte Personenpassage zum Hirschengraben. Welche Massnahmen konkret vorgesehen sind, finden Sie hier ausführlich erklärt.
Am 7. März 2021 stimmt die Bevölkerung der Stadt Bern über den Kredit für die entsprechenden Verkehrsmassnahmen sowie der Unterführung Hirschengraben ab. Ein wichtiger Entscheid, da diese Abstimmung mitunter einen Einfluss auf die künftigen Passagierströme in und rund um den Bahnhof Bern haben wird. Der ehemalige RBS-Direktor Peter Scheidegger war nicht mehr in die Planung von «Zukunft Bahnhof Bern» involviert, setzt sich dennoch als gebürtiger Stadtberner für das Anliegen ein:
«Der neue Bahnhofzugang, über den wir in der Stadt Bern am 7. März abstimmen, wurde in jahrelanger multidisziplinärer Planung entwickelt», sagt Peter Scheidegger. «Die meisten Institutionen und Privatpersonen, die während der öffentlichen Mitwirkung die Pläne studierten, hatten sie gutgeheissen. Trotzdem werden sie nun von einigen Bürgern kurz vor der Abstimmung kritisiert.»

Konkret führt Peter Scheidegger folgende Standpunkte auf, welche den Nutzen der Unterführung bis in den Hirschengraben seiner Ansicht nach bestätigen:
- Die neue zentrale SBB-Unterführung erschliesst die Perrons dort, wo die meisten Fahrgäste ein- und aussteigen, d.h. in der Mitte der Züge.
- Von der Haltestelle Hirschengraben wird man die Züge via den neuen Bahnhofzugang in der halben Zeit erreichen, die man heute ab Haltestelle Bahnhof benötigt. Deshalb wird rund die Hälfte der Fahrgäste den neuen Ausgang benutzen. Der Rest verteilt sich auf die bestehenden Ausgänge bei der Heiliggeistkirche, Neuengasse, Uni und den neuen Ausgang Länggasse.
- Die Tram- und Bus-Haltestelle Hirschengraben wird also die zweite «Bahnhofhaltestelle». In Zürich kann man 3 verschiedene Tramhaltestellen rund um den Bahnhof wählen, Basel plant eine neue Bahnunterführung die eine zweite Tramhaltestelle erschliesst.
- Die SBB/RBS-Bauarbeiten werden durch Bund und Kanton finanziert und kosten fast eine Milliarde Franken. Sie sind unterirdisch voll im Gange und damit kaum sichtbar. Der neue Ausgang Ecke Bubenbergplatz/Schanzenstrasse wird 2027 eröffnet – ob wir die städtische Vorlage annehmen oder nicht.
- Die vorgesehene Fahrbahnbreite von 10 Metern könnte auch bei einem späteren «Autofreien Bahnhofplatz» nicht weiter reduziert werden, denn es verblieben auch dann noch Busse, Taxi, Kehrichtwagen, aber auch Rettungsfahrzeuge. Selbst dann noch wäre eine Lichtsignalanlage zum gegenseitigen Schutz der Fussgänger und VelofahrerInnen nötig!
- Trotz schmalerer Strasse bleibt vom Strassenrand bis zum Tram in der Kurve teilweise nur ein Zwischenraum von 9 m. Wenn keine Fussgängerunterführung gebaut wird, würden dort in der Spitzenstunde 10’000 Fussgänger dichtgedrängt auf «grün» warten. Unfälle mit dem Tram sind dann vorprogrammiert. Damit ist eine Weiterführung der ohnehin unterirdischen SBB-Unterführung um rund einen Viertel der Länge bis in den Hirschengraben vernünftig. Diejenigen, die das Tageslicht vorziehen, können wie bisher den Fussgängerübergang à-niveau benutzen.
«Damit ist eine Weiterführung der ohnehin unterirdischen SBB-Unterführung um rund einen Viertel der Länge bis in den Hirschengraben vernünftig», sagt Scheidegger. «Diejenigen, die das Tageslicht vorziehen, können wie bisher den Fussgängerübergang à-niveau benutzen.»
Trotz Pandemie mehr Bahnkunden
Peter Scheidegger ist zudem der Ansicht, dass auch einige Jahre nach der Pandemie mit mehr Bahnkunden zu rechnen sei, wenn man die neuen Wohnbauten auch in den weiter entfernten Vororten sieht. «Neue Bundesbüros entstehen nicht nur im Einzugsgebiet von Tram und Bus, sondern auch in Zollikofen und Ittigen. Stadtberner werden zu neuen Ausbildungsstandorten in Burgdorf, Biel, Ausserholligen und Deisswil pendeln. Und wenn man wünscht, dass der Autoverkehr nicht weiter zunehmen soll, werden im Nahbereich das Velo, Tram und Bus, für weitere Distanzen die Bahn allen Neuverkehr übernehmen müssen. Dazu braucht es attraktive Umsteigeanlagen», ist Scheidegger überzeugt.
Und der Hirschengraben?
Scheidegger: «Was den Eingriff in die Hirschengrabenanlage betrifft komme ich nach reiflicher Überlegung gerade zum gegenteiligen Schluss als die Kritiker: Anstelle der heute abgestellten Velos tauchen dort in Zukunft die Bahnpassagiere aus der verlängerten Bahnhofunterführung zwischen den Bäumen auf. Welche Stadt hat schon einen derart grünen Bahnhofplatz? Ist das nicht eine Aufwertung des UNESCO-Weltkulturerbes?»

Was wäre die Konsequenz eines Neins am 7. März?
«Für lange Zeit steigen die Reisenden aus der neuen SBB-Unterführung auf der Nordseite des Bubenbergplatzes auf und müssen auf einem schmalen Trottoir dichtgedrängt aufs Fussgängergrün warten und werden unmittelbar nach der Fahrbahnquerung auf Seite Hirschengraben von Trams bedrängt», ist Scheidegger überzeugt. «Wenn wir aber Ja stimmen werden wir die Zugsreisenden nach dem Auftauchen aus der um 60m längeren Bahnhofunterführung im Hirschengraben zwischen den neugepflanzten Bäumen begrüssen können. Das soll uns mal Zürich oder Basel nachmachen!»
Zur Person:
Peter Scheidegger, Bau- und Verkehrsingenieur ETH, arbeitete 35 Jahre (1982 bis 2002) beim RBS, davon 20 Jahre als Direktor. Anschliessend durfte er öV-Projekte in vielen Regionen der Schweiz begleiten. Seit einigen Jahren ist er pensioniert. Er war in keiner Weise an der Planung der Verkehrsmassnahmen der Stadt Bern im Rahmen von „Zukunft Bahnhof Bern“ beteiligt.
… und für die Velos baut man dann eine unterirdische Veloeinstellhalle unter dem Hirschengraben mit direktem Zugang zur Unterführung. Lieber Herr Scheidegger, die Unterführung braucht es definitiv nicht. Sie würden sich stattdessen besser dafür einsetzen, dass die RBS Richtung Westen verlängert wird und nicht mitten in der Stadt in einen Sackbahnhof einfährt, so dass alle Leute hier aussteigen müssen.
Lieber Herr Gränicher,
natürlich unterstützen wir beide die langfristige Idee der Weiterführung des RBS Richtung Insel-Köniz-Schwarzenburg. Aber auch diese Fahrgäste müssen vielleicht dann im Hirschengraben aufs Tram Richtung Theater/Casino, Arbeitsplätze am Guisanplatz usw. umsteigen – so wie man in Zürich auch unterirdisch bis in die Bahnhofstrasse gehen kann. Denken Sie bitte daran: Die Verlängerung der Bahnhofunterführung führt nicht nur unter einer nach wie vor von Velo/Bussen/Wirtschaftsverkehr belebten Strasse, sondern auch unter dem alle 40 Sekunden verkehrenden Trams durch.
Peter Scheidegger
Ich respektiere die Ansicht und Hoffnung von Peter Scheidegger. Aber ich teile sie nicht. Diese Planung ist nicht das Optimum und in dieser Eingriffstiefe in Bezug auf den Hirschengraben technisch schlicht nicht nötig. Die Vorlage der Stadt wurde poltisch überladen. Das Umgraben der Parkanlage Hirschengaben ist nicht mal dann erforderlich, wenn man die Unterführung für zwingend hielte.
Ferner trifft es nicht zu, dass die Kritik erst im letzten Moment kommt, und die Mehrheit der Massnahmen im umstrittenen Perimeter Hirschengraben gutgeheissen wurde. Die fundierte Fachkritik kam in der Mitwirkungsphase 2019 sehr wohl zur Sprache, wurde aber nur „zur Kenntnis genommen“ und blieb vollkommen folgenlos.
Manchmal ist es besser, einen Schritt vom Reissbrett zurückzutreten und zu fragen: Was wollen wir eigentlich? Diese Gelegenheit erhalten wir nach dem Nein zum städtischen Teil. Die Projekte der Bahnen bleiben davon im Grundsatz unberührt, ausser dass der Zugang Bubenberg nochmals (bzw. erstmals!) hinterfragt werden darf, Spar- und Entwicklungspotential zu Tage fördern wird, und dies, ohne dass irgendjemand das Gesicht verliert.
Das Dümmste ist, wenn wir auf Stadtseite warten und die Leute dann ab 2027 via neue, zentrale SBB-Unterführung den Bereich Bubenbergplatz /Hirschengraben in den Spitzenzeiten „überschwemmen“ lassen und erst dann unter dem grossen Fussgängerstrom bauen die Unterführung! Etwas Weitsicht sollten wir Stadtberner auch noch haben. Ich gebe aber zu, dass ich nicht Baumspezialist bin und nicht weiss, ob tatsächlich die Kastanienbäume gefährdet sind. Ob dieser Zweifel genügt, um den zig-Tausenden Bernbesuchern das Leben schwer zu machen…..?
Das ist ja der Clou: Man muss nicht Baumspezialist sein, um zu erkennen, dass die Kastanienbäume gefällt werden, wenn man „ja“ stimmt. Das steht 1:1 und klipp und klar in der Absichtserklärung der Stadt, in allen Anträgen, Beschlüssen, Plänen und Visualisierungen. Und zwar egal, ob das ebenfalls beabsichtigte Veloparking unter der Parkanlage jemals bewilligt würde oder nicht. Die Stadt will auf Vorrat zerstören. Das ist nicht nur verwerflich, sondern auch höchst riskant, weil dieser Fall vor Bundesgericht landen wird und auch allenfalls unbestrittene Teile des Projekts gefährden könnte.
Es ist wahrlich interessant den Ausführunge von Herrn Scheidegger zu folgen. Offenbar haben sich die Prognosen verändert. Die Stadt rechnet mit 16’000 Passagieren in den Spitzenstunden, Herr Scheidegger lässt noch 10’000 an den Ampeln warten. Selbstverständlich treffen die immer zusammen ein, da hilft natürlich ein breiterer Fussgängerstreifen nicht. Ich würde mich dann gerne mit Herrn Scheidegger verabreden wenn diese 10’000 Fussgänger an der Ampel warten. Im weiteren möchte ich Herrn Scheidegger anfragen wieviele gravierende Unfälle bisher bei diesem Fussgängerübergang registriert wurden, Statisitk vorhanden ? Weitere Frage: wie baut man unter einem Fussgängerstrom ? Fragen über Fragen. Ob die Rosskastanien gefährdet sind oder nicht spielt keine Rolle, Fakt ist dass die die dort stehen teilweise über 100 Jahre alt sind, sämtliche bisherigen Klimakrisen also überstanden haben, dies müssen die vorgesehenen Linden, welche in den Wachstumsjahren Pfahlwurzeln ausbilden erst noch beweisen. Denn die Wurzeln werden ähnlich wie bei einem Schlangenkäfig von Betonbegrenzungen ‚geschützt‘. Beton ist übrigens CO2-neutral, wenn man den Befürwortern der Vorlage glaubt. Und noch eine Letztes: ZBB ist unbestritten, ZBBS jedoch schon, man sollte einfach das Ganze auseinanderhalten.
Lieber Herr Schneiter,
ich bin tatsächlich nicht Baumspezialist – und habe mich auch geärgert, als vor zig-Jahren die schattenspendenden Bäume im Marzili gefällt wurden – und heute?
Bezüglich querende Fussgänger kann ich Sie beruhigen. Wenn die Stadt von 16’000 Fussgänger pro Stunde (in beiden Richtungen!) spricht und ich annehme, dass in der Spitzenstunde zwischen Tramgleis und und (Velo-/Bus-/Wirtschaftsverkehr-)Fahrbahn 10’000 vor dem Lichtsignal stehen, so ist das kein Widerspruch! Meistens steht man ja nur einmal vor einem Signal.
Peter Scheideggers Text gipfelt in dem Satz: Das soll uns mal Zürich oder Basel nachmachen. In Basel kenne ich die Situation nicht, in Zürich bereut man schon lange den Bau des „ShopVilles“ aus dem Jahre 1970. Ihr wollt Zürich übertreffen? Dann sagt ihr NEIN zu Eurem Projekt, das diese 70er Jahre Atmosphäre aufleben lässt. Ihr müsst ja diesen Blödsinn nicht von Zürich abgucken.
Es läuft in Bern. Abbruch von günstigem Wohnraum, dieses unsägliche Hirschengraben-Projekt. Daraus sogar noch eine Art Wettbewerb zu machen….Der allein liegt in den Händen der Bürger von Bern. NEIN stimmen. Nur so könnt Ihr gewinnen.